Stark vereinfacht zusammengefasst geht es bei diesem Verfahren darum

  • in Branche und Grösse vergleichbare Unternehmen finden und ihre Verkaufspreise betrachten
  • Vergleichskennzahlen wie das Einnahmen-Gewinn-Verhältnis nutzen
  • diese Kennzahlen auf das eigene Unternehmen anwenden, um den Marktwert zu bestimmen.

Dieser Ansatz ist wegen seiner Direktheit und der Nutzung von Marktdaten beliebt und wird häufig bei Unternehmensverkäufen, Finanzberichterstattungen und rechtlichen Bewertungsfragen eingesetzt. Die Auswahl relevanter Vergleichsunternehmen und die Interpretation von Marktdaten sind entscheidend für die Genauigkeit der Bewertung.

Zwei verschiedene Ansätze des Marktwertverfahren

Die Comparable Companies Analysis (CCA) ist ein Verfahren, das sich auf die Bewertung durch den Vergleich mit börsennotierten Unternehmen stützt. Hierbei werden finanzielle Kennzahlen und Branchenmultiplikatoren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder der Enterprise Value im Verhältnis zum EBITDA genutzt, um den Wert eines Unternehmens abzuleiten. Die Herausforderung liegt in der Auswahl von wirklich vergleichbaren Unternehmen und der korrekten Anpassung ihrer Kennzahlen, um Unterschiede in den Geschäftsmodellen, Wachstumsraten und Marktpositionierungen auszugleichen.

Die Comparable Transactions Analysis (CTA) analysiert kürzlich erfolgte Verkäufe ähnlicher Unternehmen, um einen realistischen Marktwert zu bestimmen. Diese Methode spiegelt wider, was Käufer bereit sind, unter aktuellen Marktbedingungen zu zahlen, und berücksichtigt Prämien für Kontrollmöglichkeiten oder Synergien. Die Schwierigkeit bei der CTA liegt in der Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit von Transaktionsdaten, da nicht alle Verkaufsdetails öffentlich zugänglich sind und Transaktionen oft branchenspezifische Besonderheiten aufweisen.

Bewertungsmultiples im Marktwertverfahren

Bewertungsmultiples sind ein zentrales Element des Market Approach und spielen eine entscheidende Rolle bei der Unternehmensbewertung. Sie ermöglichen den Vergleich von Unternehmen basierend auf standardisierten Wertmaßstäben.

EBITDA-Multiple

  • Erklärung: Misst den Wert eines Unternehmens im Verhältnis zu seinem Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen.
  • Vorteile: Gibt Aufschluss über die operative Leistungsfähigkeit ohne Einfluss der Kapitalstruktur.
  • Nachteile: Kann bei kapitalintensiven Geschäftsmodellen, die hohe Investitionen erfordern, verzerrt sein.
  • Häufigkeit der Verwendung: Häufig, besonders in Branchen, wo Abschreibungen und Amortisationen einen signifikanten Einfluss auf das Finanzergebnis haben.

EBIT-Multiple

  • Erklärung: Stellt den Unternehmenswert im Verhältnis zum operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern dar.
  • Vorteile: Konzentriert sich auf die operative Profitabilität und ist nützlich, um Unternehmen mit unterschiedlichen Abschreibungspolitiken zu vergleichen.
  • Nachteile: Nicht geeignet für Unternehmen mit hoher Verschuldung, da Zinsaufwendungen unberücksichtigt bleiben.
  • Häufigkeit der Verwendung: Oft genutzt, insbesondere wenn die Abschreibungsstrategien der Unternehmen nicht vergleichbar sind.

SDE-Multiple

  • Erklärung: Steht für Seller’s Discretionary Earnings und misst den Wert eines Unternehmens im Verhältnis zum Einkommen, das dem Inhaber zur Verfügung steht.
  • Vorteile: Berücksichtigt Einkünfte, die direkt dem Eigentümer zugutekommen, und ist daher relevant für persönlich geführte KMUs.
  • Nachteile: Kann subjektiv sein und ist abhängig von der Ausgabenstruktur des Eigentümers.
  • Häufigkeit der Verwendung: Sehr gebräuchlich bei kleineren und eigentümergeführten Unternehmen, wo die persönlichen Entscheidungen des Eigentümers den Gewinn beeinflussen.

P/E-Multiple (Kurs-Gewinn-Verhältnis)

  • Erklärung: Misst den Aktienkurs eines Unternehmens im Verhältnis zu seinem Gewinn pro Aktie.
  • Vorteile: Einfach und intuitiv, spiegelt die Gewinnerwartungen des Marktes wider.
  • Nachteile: Weniger aussagekräftig für Unternehmen, die keine Gewinne erzielen oder deren Gewinne stark schwanken.
  • Häufigkeit der Verwendung: Weit verbreitet bei börsennotierten Unternehmen und auch anwendbar bei KMUs mit stabilen Gewinnen.

Umsatz-Multiple

  • Erklärung: Vergleicht den Unternehmenswert mit dem Umsatz und wird häufig bei der Bewertung von Unternehmen verwendet, die noch keine Gewinne erzielen.
  • Vorteile: Nützlich bei der Bewertung von Wachstumsunternehmen, die noch nicht profitabel sind.
  • Nachteile: Berücksichtigt nicht die Kostenstruktur und Profitabilität des Unternehmens.
  • Häufigkeit der Verwendung: Besonders verbreitet in jungen, schnell wachsenden Branchen oder bei Start-ups.

Buchwert-Multiple

  • Erklärung: Setzt den Unternehmenswert ins Verhältnis zum Buchwert des Eigenkapitals.
  • Vorteile: Basierend auf objektiven, bilanziellen Werten, einfache Berechnung.
  • Nachteile: Spiegelt nicht immer den tatsächlichen Marktwert oder das zukünftige Ertragspotenzial wider.
  • Häufigkeit der Verwendung: Wird hauptsächlich in vermögensintensiven Branchen oder bei der Bewertung für Liquidationszwecke eingesetzt.

In der Praxis variieren die bevorzugten Multiples je nach Branche, Marktsituation und Unternehmenslebenszyklus. Bei KMUs muss zudem die Verfügbarkeit von Vergleichsdaten berücksichtigt werden. Die Auswahl des richtigen Multiples ist entscheidend, um eine realistische und marktgerechte Bewertung zu erzielen.

Marktdaten und die Bewertung von KMUs

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die selten an Börsen gelistet sind, stellen Marktdaten eine besondere Herausforderung dar. Die Comparable Companies Analysis (CCA) erfordert eine sorgfältige Auswahl ähnlicher Unternehmen, die oft durch unterschiedliche Betriebsgrößen und Marktbedingungen begrenzt ist. Die Comparable Transactions Analysis (CTA) kann relevanter sein, da sie tatsächliche Verkaufsfälle betrachtet, die KMU-spezifische Marktbedingungen widerspiegeln könnten. Allerdings ist der Zugang zu solchen Daten oft eingeschränkt.

NIMBO ist eine führende Plattform für Transaktionsmultiples für KMUs in verschiedenen Ländern. Wir veröffentlichen monatlich aktuelle Multiples für verschiedene Länder, Firmengrössen und Branchen.

Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Beispiel

Comparable Companies Analysis (CCA)

  1. Auswahl der Vergleichsunternehmen: Identifizieren Sie eine Gruppe von Unternehmen, die ähnliche Geschäftsmodelle, Größen und Märkte wie das zu bewertende KMU haben.
  2. Datensammlung: Sammeln Sie Finanzdaten dieser Unternehmen, einschließlich Umsatz, EBITDA und Nettoergebnis.
  3. Berechnung der Multiplikatoren: Ermitteln Sie Bewertungsmultiplikatoren wie KGV, EV/EBITDA oder EV/Umsatz für jedes Vergleichsunternehmen.
  4. Durchführung von Anpassungen: Passen Sie die Multiplikatoren an, um Unterschiede in Wachstum, Risiko und Kapitalstruktur zu berücksichtigen (siehe Kapitel unten).
  5. Anwendung der Multiplikatoren: Wenden Sie die angepassten Multiplikatoren auf die entsprechenden Finanzkennzahlen des zu bewertenden KMU an.

Beispiel:

Ein KMU hat einen EBITDA von 2 Millionen. Ähnliche Unternehmen wurden im Durchschnitt mit einem EV/EBITDA-Multiplikator von 5 gehandelt. Nach Anpassungen für eine höhere Wachstumsrate könnte ein Multiplikator von 6 angemessen sein, was zu einem Unternehmenswert von 12 Millionen führt (2 Millionen EBITDA x 6).

Comparable Transactions Analysis (CTA)

  1. Auswahl relevanter Transaktionen: Finden Sie kürzlich abgeschlossene Verkäufe von Unternehmen, die dem zu bewertenden KMU ähnlich sind.
  2. Analyse der Transaktionsdetails: Untersuchen Sie die Bedingungen jeder Transaktion, um relevante Details wie Kaufpreis und Finanzkennzahlen zu verstehen.
  3. Berechnung der Transaktionsmultiplikatoren: Ermitteln Sie die Multiplikatoren aus diesen Transaktionen, wie beispielsweise Kaufpreis zu Umsatz oder Kaufpreis zu EBITDA.
  4. Anpassung für Besonderheiten: Berücksichtigen Sie spezifische Faktoren der Transaktionen, die nicht auf das zu bewertende KMU zutreffen.
  5. Anwendung auf das KMU: Nutzen Sie die angepassten Transaktionsmultiplikatoren, um den Wert des KMU zu schätzen.

Beispiel:

Das KMU hat einen Umsatz von 5 Millionen. Vergleichbare Transaktionen zeigen einen durchschnittlichen Kaufpreis/Umsatz-Multiplikator von 1,2. Unter Berücksichtigung einer stärkeren Marktpositionierung des KMU könnte ein Multiplikator von 1,3 angemessen sein, was zu einem geschätzten Verkaufspreis von 6,5 Millionen führt (5 Millionen Umsatz x 1,3).

NIMBO bietet einen Online Unternehmenswert Rechner, welcher auf der CTA Methode beruht und aktuelle Marktdaten und Besonderheiten berücksichtig.

Enterprise Value vs. Equity Value im Rahmen des Marktwertverfahrens

Bei der Unternehmensbewertung mittels des Market Approach ist die Unterscheidung zwischen Enterprise Value (EV) und Equity Value (Unternehmenswert) von zentraler Bedeutung. Beide Konzepte reflektieren unterschiedliche Aspekte des Unternehmenswertes und spielen eine wichtige Rolle bei der Interpretation von Bewertungsmultiples.

Enterprise Value (EV)

Der EV misst den Gesamtwert des Unternehmens, inklusive Schulden und abzüglich liquider Mittel. Er repräsentiert den Wert aller Ansprüche an das Unternehmen – sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalgeber. Im Kontext des Market Approach wird der EV oft im Zusammenhang mit EBITDA- oder EBIT-Multiples verwendet, um die operative Ertragskraft unabhängig von der Finanzierungsstruktur zu bewerten.

Vorteile: Bietet eine ganzheitliche Bewertung, da er alle Kapitalquellen einschließt.

Nachteile: Kann komplizierter in der Berechnung sein, insbesondere wenn nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten berücksichtigt werden müssen.

Equity Value (Unternehmenswert)

Der Equity Value ist der Wert, der den Eigentümern des Unternehmens, also den Aktionären, zusteht. Er wird errechnet, indem vom EV die Netto-Finanzschulden (Schulden abzüglich liquider Mittel) abgezogen werden. Bei der Verwendung von Multiples wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (P/E) oder dem Buchwert-Multiple bezieht sich der errechnete Wert auf den Equity Value.

Vorteile: Direkt relevant für Aktionäre, da er den Wert ihrer Anteile darstellt.

Nachteile: Kann irreführend sein bei Unternehmen mit hoher Verschuldung oder signifikanten liquiden Mitteln.

Bei der Anwendung des Market Approach auf KMUs ist es wesentlich, zu verstehen, ob der errechnete Wert sich auf den EV oder den Equity Value bezieht, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dies ist besonders relevant, wenn es um Kaufpreisverhandlungen oder Finanzierungsentscheidungen geht, bei denen die Ansprüche verschiedener Stakeholder berücksichtigt werden müssen. Die korrekte Anwendung und Interpretation dieser Werte ermöglicht es Bewertern, genaue und relevante Bewertungen für KMUs zu liefern.

Beispiel für die Anwendung von EBITDA-Multiple auf Enterprise Value und Equity Value

Um sowohl den Enterprise Value (EV) als auch den Equity Value (Unternehmenswert) für ein KMU zu berechnen, das auf Basis eines EBITDA-Multiples bewertet wird, benötigen wir zusätzliche Informationen über die Kapitalstruktur des Unternehmens, insbesondere die Höhe der Verbindlichkeiten und der liquiden Mittel. Hier ist ein beispielhaftes Szenario:

Gegebene Daten:

  • EBITDA: 3 Millionen
  • EBITDA-Multiple: 5
  • Gesamtverbindlichkeiten: 2 Millionen
  • Liquide Mittel: 500.000

Berechnung des Enterprise Value (EV):

EV= EBITDA × EBITDA-Multiple = 3 Millionen × 5= 15 Millionen

Berechnung des Equity Value:

Netto-Finanzschulden = Gesamtverbindlichkeiten − Liquide Mittel = 2 Millionen − 0.5 Millionen = 1.5 Millionen

Equity Value= EV − Netto-Finanzschulden = 15 Millionen − 1.5 Millionen = 13.5 Millionen

In diesem Beispiel wäre der Enterprise Value des Unternehmens 15 Millionen, während der Equity Value, also der Wert, der den Eigentümern zusteht, 13.5 Millionen beträgt. Der Unterschied repräsentiert die Netto-Finanzschulden des Unternehmens.

Beispiel für die Anwendung von P/E-Multiple auf Equity Value

Angenommen, dasselbe KMU hat einen Nettogewinn nach Steuern von 1 Million. Wenn vergleichbare Unternehmen im Markt mit einem P/E-Multiple von 8 gehandelt werden, würde der Equity Value wie folgt kalkuliert:

Equity Value= Nettogewinn × P/E-Multiple = 1 Million × 8 = 8 Millionen

Der Equity Value von 8 Millionen zeigt den Wert an, der direkt den Eigentümern des Unternehmens zuzurechnen ist. Dies würde den Wert ihrer Anteile repräsentieren, wenn das Unternehmen verkauft wird.

Anpassungen und Bewertungskorrekturen im Marktwertverfahren

Bei der Anwendung des Marktwertverfahrens auf KMUs sind oft Anpassungen erforderlich, um die Besonderheiten des einzelnen Unternehmens zu berücksichtigen und einen genauen Wert zu ermitteln. Hier sind die Schlüsselelemente der Anpassungen:

  • Größenanpassungen: KMUs können im Vergleich zu größeren Unternehmen unterschiedliche Risikoprofile und Wachstumsaussichten aufweisen. Anpassungen an Größenprämien oder -abschläge sind notwendig, um diese Unterschiede zu berücksichtigen.
  • Marktspezifische Anpassungen: Lokale und regionale Märkte können sich signifikant von den Bedingungen unterscheiden, unter denen vergleichbare Unternehmen bewertet wurden. Anpassungen für geografische und marktspezifische Faktoren sind daher oft erforderlich.
  • Nicht betriebsnotwendiges Vermögen: KMUs halten manchmal Vermögenswerte, die nicht direkt zur Ertragskraft des Unternehmens beitragen. Der Wert dieser Vermögenswerte muss separat ermittelt und vom operativen Geschäftswert abgezogen oder hinzugefügt werden.
  • Nicht wiederkehrende Posten: Einmalige Einnahmen oder Ausgaben, die nicht wiederkehrend sind, müssen identifiziert und aus der Bewertung herausgerechnet werden, um ein genaues Bild der nachhaltigen Ertragslage zu erhalten.
  • Synergie- und Kontrollprämien: Bei der Bewertung im Rahmen von Akquisitionen müssen potenzielle Synergien oder die Prämien für die Übernahme der Kontrolle berücksichtigt werden, die den Wert über den reinen Marktwert hinaus steigern können.
  • Warenlager: Lesen Sie dazu unseren Leitartikel zur Behandlung des Warenlagers.

Die genannten Anpassungen sind entscheidend, um die Besonderheiten von KMUs in der Bewertung zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass der ermittelte Wert so genau wie möglich ist. Die Fähigkeit, sachkundige Anpassungen vorzunehmen, ist ein Schlüsselaspekt der Bewertungskompetenz im Rahmen des Marktwertverfahrens.

Vorteile und Grenzen des Marktwertverfahrens

Der Market Approach kann für KMUs eine effektive Bewertungsmethode sein, wenn er sorgfältig und unter Berücksichtigung seiner Grenzen eingesetzt wird.

Vorteile

  • Marktbezogenheit: Spiegelt wider, was Käufer in der Realität zu zahlen bereit sind, was eine realistische Unternehmensbewertung ermöglicht.
  • Verhandlungsbasis: Bietet KMU-Eigentümern eine starke Grundlage für Preisverhandlungen basierend auf aktuellen Marktdaten.
  • Transparenz: Erhöht die Transparenz in der Bewertung, da sie auf realen Marktdaten und nicht auf subjektiven Einschätzungen basiert.

Grenzen

  • Datenverfügbarkeit: Oft fehlen öffentlich zugängliche Daten über Verkäufe von vergleichbaren privaten Unternehmen.
  • Vergleichbarkeit: Die Einzigartigkeit vieler KMUs erschwert das Finden von tatsächlich vergleichbaren Unternehmen.
  • Regionale Marktbedingungen: Regionale Einflüsse, die den Wert beeinflussen können, werden in allgemeinen Marktdaten möglicherweise nicht erfasst.
  • Unternehmensspezifika: Spezifische KMU-Attribute wie Kundenbeziehungen und Marktstellung sind schwer in allgemeine Marktvergleiche zu integrieren.

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